Schneller werden für dein Wettkampf-Highlight 2021

Wer war nicht froh, das Corona-Jahr 2020 zu verabschieden?! Auch wenn wir als Laufgemeinschaft im vergangenen Jahr viele Neueinsteiger begrüßen konnten, gab es trotzdem aus Läufersicht viel Schatten und wenig Licht. Zumindest für alle, die an einer Laufveranstaltung teilnehmen wollten. Mit den Impfstoffen kommt die Hoffnung auf Events. Auch wenn es noch etwas dauert und fast alle großen Läufe auf den Herbst oder gleich ins Jahr 2022 verschoben wurden – ein heißer Laufherbst ist auf jeden Fall möglich. Unsere Aufgabe ist deshalb, gut vorbereitet zu sein, damit wir die Lauf-Highlights auch wirklich genießen können. Nach all dem Grundlagentraining der letzten Wochen und Monate heißt es nun also wieder: Gas geben und in Wettkampfform kommen. Und sollte es doch noch länger dauern – die virtuellen Rennen sind ja für den einen oder anderen eine willkommene Alternative zum echten Wettkampf.

MACH ES WIE DIE PROFIS!

Als ehemaliger Laufprofi beobachte ich nach wie vor, was die deutschen Top-Athleten gerade so machen. Der Wattenscheider Amanal Petros nutzte zum Beispiel beim Valencia-Marathon eine der wenigen Startmöglichkeiten und lief in 2:07:18 Stunden einen sensationellen deutschen Rekord. Und auch die Olympiahoffnungen wie Hindernisläuferin Gesa Krause oder Langstreckler Richard Ringer trainierten in den letzten Wochen immer wieder im kenianischen Hochland, um für Tokio 2021 gerüstet zu sein. Wenn die Profis sich jetzt auf die Wettkämpfe vorbereiten – wieso sollten wir das nicht auch tun?

DAS FUNDAMENT IST GELEGT – JETZT IST DIE PYRAMIDENSPITZE DRAN!

Durchstarten ist jetzt das Motto. Denn Grundlagentraining haben wir in den letzten Wochen und Monaten wahrlich genug gemacht. Das Gebot der Stunde hieß ja allzu oft: Laufen gehen, Kilometer sammeln, ohne sich und sein Immunsystem zu stark zu belasten. Wie viele von uns haben sich einfach mal den Lockdown-Frust von der Seele laufen müssen. Den Kopf frei zu bekommen und sich an der frischen Luft zu bewegen, war für viele der Hauptmotivationsgrund fürs regelmäßige Lauftraining. Ich selbst betreue zahlreiche Hobbyläufer mit individuellen Trainingsplänen, aber es ist nicht einfach die Leistungsfähigkeit kontinuierlich aufzubauen, wenn das konkrete Wettkampfdatum fehlt. Der Vorteil der letzten Monate liegt aber auf der Hand: Viele sollten aktuell ein deutlich verbessertes Grundlagenausdauerniveau haben. Die Wichtigkeit der Grundlagenausdauer ist ganz einfach erklärt: Wenn du dir deine Leistungsfähigkeit in der Form einer Pyramide vorstellst, ist die Grundlagenausdauer das Fundament. Und die Pyramide wird immer höher – und deine Leistung damit besser – je breiter das Fundament ist. Mit einem breiten und stabilen Fundament kannst du jetzt also an der Spitze deiner Pyramide arbeiten, also die angestrebte Wettkampfgeschwindigkeit entwickeln bzw. einfach Gas geben. Dabei ist es gut zu wissen, dass dein Körper auf jede noch so kleine Veränderung durch ungewohnte Trainingsreize reagieren wird. Hier spielt natürlich in erster Linie die Laufgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Warum nicht einfach mal aus einem normalen einen gesteigerten Dauerlauf machen? Du gehst auf deine ganz normale Zehn- Kilometer- Laufrunde, startest wie gewohnt mit vier Kilometern ruhigem Lauftempo bei circa 70 bis 75 Prozent deiner maximalen Herzfrequenz, die nächsten vier Kilometer läufst du dann im mittleren Dauerlauftempo (75 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz) und auf den letzten zwei Kilometern läufst du dein Wettkampftempo (80 bis 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Anschließend solltest du idealerweise einen Kilometer auslaufen. Damit setzt direkt nach diesem doch recht anstrengenden, weil ungewohnten Dauerlauf die Regeneration ein. Vorteil des gesteigerten Dauerlaufs: Er ist kein großer Aufwand und doch werden alle Geschwindigkeitsbereiche des Lauftrainings verbessert.

INTERVALLE FÜR DIE SCHNELLIGKEIT

Grundsätzlich sollte es dein Ziel sein, im Wettkampf eine höhere Geschwindigkeit zu laufen als im täglichen Training. Das kannst du zum Beispiel mit einem Intervallprogramm trainieren. Hier wechseln sich schnelle Laufabschnitte mit Trabpausen ab, in denen du dich etwas erholst. Von Woche zu Woche sollten die schnellen Abschnitte verlängert werden und/oder die Pause verkürzt werden. So näherst du dich schrittweise deiner Wettkampfgeschwindigkeit an. Am Tag X lässt du dann die Erholungspausen einfach weg. Dieses einfache Prinzip verfolgt auch das Fahrtspiel, also ein Lauf mit ständig wechselnden Geschwindigkeiten. Der Unterschied zum Intervallprogramm ist, dass du die Länge der schnellen Abschnitte völlig frei variieren kannst. Du könntest dich zwei Kilometer ruhig einlaufen, dann startet das eigentliche Fahrtspiel. Versuche, möglichst verschieden lange Tempoabschnitte einzubauen, denn dadurch kannst du auch unterschiedlich schnelle Geschwindigkeiten integrieren. In den Erholungspausen läufst du weiter, am besten nur so lange, bis der Puls wieder etwas niedriger ist, dann folgt der nächste Tempoabschnitt.

FORTSCHRITT VON TRAINING ZU TRAINING

Am Anfang sind diese schnellen Abschnitte vielleicht „nur“ 100 Meter lang, doch bald wird es dir gelingen, eine ähnlich hohe Geschwindigkeit über eine deutlich längere Distanz zu laufen. Jede Pace – abgesehen vom Maximalsprint – ist erlaubt. Aber übertreibe es am Anfang nicht, denn es handelt sich ja um einen unbekannten Trainingsreiz. Der Trainingsfortschritt muss übrigens nicht unbedingt sein, dass du schneller oder länger schnell läufst. Er kann auch darin liegen, dass du eine Woche später nach dem gleichen Programm schneller erholt bist und somit die Pause zum nächsten Training verkürzen kannst. Damit kannst du mehr trainieren. Spiele einfach mit deiner Pace, du wirst sehen, wie kurzweilig diese Trainingsform ist. Gas geben macht Spaß und du wirst schneller, wenn du es regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche in dein Training einbaust. Klassische Intervallprogramme, Tempowechseleinheiten bzw. der Tempodauerlauf spielen eine wichtige Rolle in deiner individuellen Wettkampfvorbereitung. Gerade wenn du im Herbst einen Marathon planst, ist jetzt der optimale Zeitpunkt, die Geschwindigkeit auf der Unterdistanz zu verbessern, also über zehn Kilometer und im Halbmarathon. Tempoeinheiten kannst du im Stadion oder auf einer ausgemessenen Asphaltstrecke absolvieren.

NUR WAS DU TRAINIERST, KANNST DU IM WETTKAMPF AUCH ABRUFEN!

Ich erinnere mich an Tempowechselprogramme über 16 bis 20 Kilometer, die ich absolviert habe. Die bestanden aus jeweils einem Kilometer schnell und einem Kilometer zur Erholung. Die Pace auf den schnellen Kilometern entsprach dem Wettkampftempo über 10 Kilometer, bei mir waren 2:45 Minuten pro Kilometer. Das Problem waren aber nicht diese schnellen Abschnitte, sondern das Tempo in der Pause, dass bei 3:15 bis 3:20 Minuten pro Kilometer lag. Das fühlte sich nicht gerade nach Erholung an.

JETZT IST DER RICHTIGE ZEITPUNKT FÜR MEHR TEMPO!

Aber genau diese Einheiten haben dafür gesorgt, dass ich im Wettkampf meistens auf Tempoverschärfungen meiner Konkurrenten reagieren bzw. selbst das Tempo verschärfen konnte. Im Wettkampf kann man eben nur das abrufen, was man auch trainiert hat. Somit ist der trainingswirksame Reiz der Schlüssel eines jeden Trainingsplans. Wenn dir eine vergleichbare Trainingseinheit nach ein bis zwei Wochen nicht mehr ganz so schwerfällt, zeigt dies die Anpassung deiner Leistungsfähigkeit. Und dann gibst du einfach noch ein bisschen mehr Gas, bis dir auch das leichter fällt. Auch wenn der Termin deines ersten Wettkampfs 2021 noch nicht feststeht, es wird auf jeden Fall einen ersten und sicher auch viele weitere Starts in diesem Jahr geben. Darum ist jetzt im Frühling der optimale Zeitpunkt, um das absolvierte Grundlagentraining durch gezielte Tempoeinheiten zu ergänzen. Natürlich heißt das nicht, dass du nur noch mit Vollgas in der Gegend herumlaufen sollst. Aber ein gesteigerter Dauerlauf sowie ein Fahrtspiel oder Intervallprogramm sollten jetzt schon pro Woche auf dem Programm stehen. Das macht richtig Spaß und wird seine Wirkung ganz sicher nicht verfehlen. Der eine oder andere regenerative Dauerlauf sorgt für Erholung und erhält die Grundlagenausdauer. Gib also in den nächsten Wochen Gas, damit das Laufjahr 2021 zu deinem ganz persönlichen Highlight wird!

erstellt von
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Carsten Eich

Running Experte von Schweinfurt


Verein: ASICS FrontRunner
Trainer: RUN³Konzept

Meine Disziplinen
Halbmarathon Marathon 10 Kilometer

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