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Die aktuelle Corona-Krise fordert jeden Einzelnen von uns heraus. Daher gibt’s jetzt von mir eine Blogbeitrag-Serie in mehreren Teilen zu mentalen Themen: auf individueller Ebene, für die Team-Ebene (Sport; Arbeit) wie auch auf gesellschaftlicher Ebene.

Zunächst mal: bitte nehmt den Virus und die Warnungen sowie Vorkehrungen ernst. Ernstnehmen und Angst liegen aber oft nah beieinander. Daher hier einige Möglichkeiten, deine Gedanken aus der Panikzone zu bringen. Entscheidend ist bereits dein Umgang mit dem großen Angebot an Informationen. Macht dir die Berichterstattung Angst? Du kannst deine Gefühle selbst steuern.

Leider sind nicht alle Medien gewissenhaft in ihrer Berichterstattung, nutzen reißerische Schlagzeilen, die viele Abrufe bringen, weil sie unsere Ängste ansprechen. Ich bin selbst vermutlich eher Teil der Risikogruppe, da ich eine Lungenerkrankung in 2009 hatte und Asthma habe. Von Beginn an entschied ich mich, den Weg der Vernunft zu gehen und meinen Verstand einzuschalten.

Choose wisely.

• Recherchiere selbst, um das Thema und deine Möglichkeiten zu begreifen. Denn Wissen (zur Vorbeugung und zum Umgang mit dem Virus) schützt vor Ohnmachtsgefühlen und Panik. Es gibt dir ein Gefühl von Selbstwirksamkeit.
• Wähle deine Informationsquellen weise. Beiträge mit reißerischen Überschriften, lese ich kaum. Ich bin im engen Austausch mit Menschen aus medizinischen Berufen, die viel zu dem Thema wissen. Wir schicken uns z.B. per Whatsapp seriöse Informationsquellen, die uns unterstützen, die Sachlage zu verstehen.
• Achte darauf, nicht unbewusst dem Confirmation Bias auf den Leim zu gehen. Das ist ein Denkfehler, der entsteht, wenn ich nur das lese und gutheiße, das meine bereits bestehende Meinung rechtfertigt und ausbaut. Bewusst lese ich daher unterschiedliche (!) Standpunkte zum Thema.
• Wechsle mal deine Perspektive, schau mal „mit innerem Abstand“ auf die Situation und bewerte nicht sofort. Auch die Regierung hat Angst, denn natürlich möchte sie den Vorwurf vermeiden, sie hätte nicht gehandelt, also greift sie durch, auch wenn einige renommierte Immunologen bzw. Virologen Bedenken aussprechen. Wie wohl immer bei komplexen Themen liegt die Wahrheit in der Zukunft und wirklich wissen, welche Entscheidung die Richtige ist, werden wir  erst nach dieser Erfahrung. Doch deshalb nicht gewissenhaft zu handeln oder sich zu panisch von jeder Schlagzeile anstecken zu lassen, bringt uns nicht weiter. Nimm es mit einer Portion Gelassenheit: du musst nicht sofort in einer pro oder contra Haltung sein, nimm dir die nötige innere Ruhe, um Informationen auf dich wirken zu lassen. Schnelles Bewerten von Aussagen ist in diesen Situationen die Saat für Panik.
• Bitte kontrolliere auch dein eigenes Verhalten. Viele Menschen möchten nun ihr Umfeld irgendwie unterstützen und in Kontakt sein. Sie teilen in den sozialen Medien jeden Gedanken, der ihnen gerade in den Kopf kommt. „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“, sagte neulich eine Freundin zu mir. Denn durch unseren gut gemeinten Aktionismus werden womöglich die Ängste der anderen verstärkt. Daher gefällt mir gerade die Motivation in den sozialen Medien, einander mit positiven Fotos oder Filmchen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Was kannst du noch tun? Kannst du vielleicht der Apothekerin oder dem Kassierer mit Geduld gegenübergetreten? Die Apothekerin hat oft schon 34 Stunden am Stück gearbeitet (inklusive Nachtdienst, da diese gerade sehr stark frequentiert werden).
• Experten können mit ihrem Wissen beitragen, die Situation zu entspannen, doch schütze dich davor alles von jedem zu glauben. Achte darauf, wer gibt dir diese Tipps? Ich las beispielsweise neulich davon, man möchte doch jetzt fasten, das sei gut fürs Immunsystem. Definitiv nicht. Denn zunächst schwächst du damit dein Immunsystem, bevor es gestärkt daraus hervorgeht. Kopf einschalten und für sich selbst nachdenken: ist dieser Tipp für mich wirklich sinnvoll?
• Nur noch Indoor Radfahren, auch wenn es draußen noch erlaubt ist? Ich lese diese Diskussion häufig in den letzten Tagen. Im Coaching fragte mich gestern eine Athletin, wie ich dazu stehe. "Wenn du dich wohler fühlst, dann fahre auf der Rolle", war meine Antwort. Vorsicht ist geboten bei dem Argument, es sei jetzt sinnvoll indoor zu fahren, um nicht im Krankenhaus zu landen (und diese zu überlasten). Ein Blick auf die statistische Wahrscheinlichkeit bringt etwas Nüchternheit in diese Aussage. Die meisten Unfälle passieren im Haushalt. Wir unterliegen hier häufig einem klassischen Mechanismus unserer Intuition, der bei Krisen und Katastrophen stets auftritt: die Repräsentativitätsheuristik, die der renommierte Psychologe und Nobelpreisträger D. Kahneman zusammen mit seinem Kollegen A. Tversky sehr detailliert bereits 1972 beschrieb. Die beiden zeigten eindrucksvoll, dass wir uns in unseren Urteilen nicht nach statistischen Wahrscheinlichkeiten und Basisraten richten, sondern nach unserem Gefühl. Wir neigen dazu, jetzt die Gefahren und Risiken mehr wahrzunehmen und anders einzuschätzen als zuvor, da uns diese derzeit im Detail genau bekannt sind, wohingegen wir uns sonst nicht mit den möglichen Risiken auseinandersetzen. Denkt mal daran, wie schlecht die Hygienemaßnahmen in den letzten Jahren waren, trotz Influenza, wer hat sich wirklich mindestens 20 Sekunden die Hände gewaschen? Ich habe selbst viele gesehen, die sich nach dem Toilettengang nicht mal kurz die Hände unter das Wasser hielten. Wann wurden zuletzt Handgriffe von Einkaufswagen in Supermärkten desinfiziert? Es haben einfach wenige darüber nachgedacht, obwohl es bereits Influenza gab, die meisten fühlten sich sicher. Nachvollziehbar finde ich die Logik, dass jetzt die Notaufnahmen überfüllt sind, und wir deshalb nicht Radfahren sollten. Allerdings gilt die gleiche Logik dann statistisch betrachtet auch an jedem Vatertag, während des Oktoberfests und an Karneval etc. Von Alkohol-starken „Feiertagen“ kann jeder Notfallarzt berichten, dass es Überlastungen in den Notaufnahmen gibt. Nur denken wir selten statistisch-logisch. Fazit: Grundsätzlich gilt, sei zuversichtlich und verantwortungsvoll, wenn du auf dein Rad steigst. Fahre nicht mit der Befürchtung, es könnte was passieren, denn genau dann bist du blockiert im Kopf, so entsteht aufgrund deiner Angst ein erhöhtes Unfallrisiko. Wer diese Befürchtung an sich beobachtet, ist wirklich besser beraten, jetzt auf der Rolle zu fahren. Auch hier besteht die Gefahr euch gegenseitig in Diskussionen in eine „Angst-Trance“ zu reden, da ist es gut, wenn jeder für sich selbst entscheidet. Es gibt hier also vor allem eine wichtige Entscheidung: was fühlt sich für dich gerade gut an?

Oberes Foto: privat; unteres Foto aufgenommen von Andy Astfalck.

English version

Mentally strong through the Corona crisis - How can I deal with information in this crisis?

The current corona crisis challenges each and every one of us. That's why I've written a series of blog posts on mental topics - on an individual level, for the team level (sports; work) as well as on a social level.

First of all: please take the virus and the warnings and precautions seriously. But taking seriously and fear are often close together. So here are some ways to get your thoughts out of the panic zone. Your handling of the large amount of information is already crucial. Does the reporting scare you? You can control your feelings yourself.

Unfortunately, not all media are conscientious in their reporting, use lurid headlines, which bring many retrievals because they address our fears. I am probably more part of the risk group myself, as I had a lung disease in 2009 and have asthma. From the beginning I decided to take the path of reason and use my mind.

Choose wisely.

- Do your own research to understand the topic and your possibilities. Knowing what you can do yourself to prevent it, but even if it hits you, protects you from feelings of powerlessness and panic. It gives you a feeling of self-efficacy.

- Choose your information sources wisely. I hardly read articles with lurid headlines. I am in close contact with people from medical professions who know a lot about the topic. For example, we send each other serious sources of information via Whatsapp, which help us to understand the situation.

- Take care not to unconsciously fall for the confirmation bias. This is a mistake in thinking that occurs when I only read and approve of what justifies and expands my already existing opinion. Therefore I consciously read different (!) points of view on the topic.

- Change your perspective and look at the situation "with inner distance" and don't judge immediately. The government is also afraid, because of course they want to avoid the accusation that they have not acted, so they are now taking action, even if more and more renowned immunologists or virologists express concerns. As is probably always the case with complex issues, the truth lies in the future and we will only really know which decision is the right one after this experience. However, staying uninformed, not acting conscientiously or being infected by every headline will not get us any further. Take it with a portion of calmness: always being immediately in the pro or contra takes away the necessary inner peace to let information work. Quick evaluation of statements is the seed for panic in these situations.

- Please also control your own behaviour. Many people now want to support their environment and share every thought that comes into their heads. "Well meant is not always well done", a friend of mine said the other day. Because sharing everything through our well-intentioned actionism may increase the fears of others. That's why I particularly like the motivation in social media to put a smile on each other's faces with positive photos or little films. What else can you do? Can you be patient with the pharmacist or cashier? The pharmacist has often already worked 34 hours at a stretch (including night duty, as they are very busy at the moment).

- Experts can help to relax the situation with their knowledge, but beware of believing everything from everyone. Pay attention, who gives you these tips? I read about it the other day, you want to fast now, it is good for the immune system. Definitely not. Because first you weaken your immune system before it comes out stronger. Turn your head and think for yourself: is this tip really useful for me?

- Only cycling indoors, even if it is still allowed outside? In some countries, such as Germany, it is still allowed to do sports outdoors, but many people are hesitating now because of the new risks. I read this advice frequently in the last days. Yesterday in coaching, an athlete asked me what I think about it. If you feel better, then ride the roll. Care should be taken when saying that it makes sense now not to end up in hospital (and overburden them). A look at the statistical probability brings some sobriety to this statement. Most accidents happen in the household.

Here we are often subject to a classic mechanism of our intuition, which always occurs in crises and disasters: the conjunction fallacy, which the renowned psychologist and Nobel Prize winner D. Kahneman, together with his colleague A. Tversky, described in great detail as early as 1972. The two scientists impressively show that we do not base our judgements on statistical probabilities and base rates, but on our feelings. We now tend to perceive the dangers and risks more and assess them differently than before, since we are currently familiar with them in detail, whereas we otherwise do not deal with the possible risks. Just think how bad the hygiene measures were in the last years, despite influenza, who really washed their hands for at least 20 seconds? I myself have seen many people who did not even briefly hold their hands under the water after going to the toilet. When was the last time handles of shopping trolleys in supermarkets were disinfected? Just a few people thought about it, although there was already influenza, most felt safe.

I can understand the logic that now the emergency rooms are overcrowded and we should therefore not cycle, but statistically the same logic applies on every Father's Day, during the Oktoberfest and at carnival etc. Every emergency doctor can report that the emergency rooms are overcrowded on "holidays" with a high alcohol content. But we rarely think statistically-logically.

Conclusion: Basically, be confident and responsible when you get on your bike and don't ride with the fear that something might happen, because that's exactly when you are blocked in your head, so there is an increased risk of accidents due to your fear. Anyone who observes this fear per se is really better advised to ride a bike now. Also here the danger exists to talk each other into a "fear-trance" in discussions, so it is good if everyone decides for himself. So there is one important decision to make: what feels good for you right now?