Stärkt Laufen das Immunsystem?

15. September 2024

Auf Schritt und Tritt sind wir von Viren, Bakterien und Pilzen umgeben, die uns Schaden zufügen können. Zum Glück hält unser Immunsystem ständig Ausschau nach diesen potenziellen Bedrohungen und tritt sofort in Aktion, wenn es auf einen Krankheitserreger stößt, der uns krank machen könnte. 

Wenn du bereits regelmäßig läufst oder mit dem Gedanken spielst, in den Laufsport einzusteigen, hast du vielleicht schon unterschiedliche Aussagen zu den Auswirkungen des Laufens auf die natürlichen Abwehrkräfte deines Körpers gehört. Stärkt Laufen das Immunsystem oder könnte es dieses sogar schwächen? Sehen wir uns die Fakten doch einmal genauer an. 

Wie funktioniert dein Immunsystem?

Das Immunsystem fungiert als Schutz deines Körpers gegen unerwünschte Mikroben, die dir schaden könnten. 

Deine erste Verteidigungslinie ist dabei deine Haut. Die starken Säuren in deinem Magen verhindern bei jeder Mahlzeit, dass Keime in deinen Blutkreislauf gelangen. Auch in deiner Nase und deinem Mund gibt es Schleimhäute, die Bakterien abfangen und verhindern, dass sie sich weiter ausbreiten. 

Wenn ein Krankheitserreger diese Abwehrmechanismen überwindet und in dein Blut gelangt, tritt die nächste Stufe deines Immunsystems in Aktion. Diese besteht aus verschiedenen Arten von weißen Blutkörperchen, die ständig in deinen Venen und Organen zirkulieren. Wenn sie auf einen Virus oder eine Bakterie stoßen, „verschlucken“ sie diese und vernichten sie mit Hilfe von chemischen Substanzen. Es gibt noch viele weitere Arten von Immunzellen, die in verschiedenen Teilen deines Körpers produziert werden. 

Natürlich steckt noch sehr viel mehr hinter der Funktionsweise unseres Immunsystems. Einen ausführlichen Überblick findest du auf der Website Patient.Info

Fördert Laufen das Immunsystem? 

Ja, es gibt zahlreiche Nachweise dafür, dass Laufen – und auch andere Sportarten – gut für das Immunsystem sind. 

Eine US-amerikanische Studie verglich zum Beispiel 12 Wochen lang Menschen, die aktiv sind, mit Menschen, die sich wenig bewegen. Diejenigen, die aktiv waren, litten an 43 % weniger Tagen an einer Infektion der oberen Atemwege, also an einer Erkältung, als diejenigen, die nicht aktiv waren. Das sind ziemlich überzeugende Indizien dafür, dass aerobes Training wie Laufen dein Immunsystem stärkt. 

Eine Untersuchung auf zellulärer Ebene ergab, dass ältere Menschen, die den größten Teil ihres Lebens regelmäßig Rad fuhren, deutlich mehr naive T-Zellen, die Teil des Immunsystems sind, aufwiesen als Menschen, die nicht regelmäßig Sport trieben. Besonders interessant ist, dass das Immunsystem der Radfahrer genauso gesund war wie das von 20 Jahre jüngeren Menschen, die nicht aktiv waren. 

Eine Studie zur Lebenserwartung in Finnland ergab, dass ehemalige Profisportler fast sechs Jahre länger leben als die restliche Bevölkerung. Das könnte verschiedene Gründe haben, wie z. B. ein gesünderes Herz oder die Vorbeugung von Diabetes, aber es deutet trotzdem darauf hin, dass das Immunsystem auch dank der intensiven sportlichen Betätigung in einem gesunden Zustand war.  

Generell wurden in den Studien, die einen positiven Zusammenhang zwischen Bewegung und einer verbesserten Funktion des Immunsystems festgestellt haben, Menschen untersucht, die moderat und für eine kürzere Zeit Sport treiben – in der Regel 90 Minuten oder weniger. In der Fachwelt wird diskutiert, ob längeres und intensiveres Training das Immunsystem zeitweise auch schwächen kann. Weitere Informationen dazu findest du weiter unten. 

Warum stärkt Laufen das Immunsystem?

Es deutet also vieles darauf hin, dass Bewegung wie zum Beispiel Laufen dein Immunsystem stärken kann. Aber inwiefern stärkt Sport die natürlichen Abwehrkräfte deines Körpers? Dafür gibt es keine eindeutige Erklärung, wahrscheinlich kommen hier mehrere Faktoren zusammen. 

Bewegung steigert die Durchblutung

Wenn du deine Laufschuhe schnürst und mit dem Training beginnst, steigt deine Herzfrequenz und das Blut fließt schneller durch deinen Körper. Weil sich dein Blut schneller bewegt, können deine weißen Blutkörperchen Krankheitserreger früher entdecken und sie unschädlich machen, bevor sie sich vermehren können. 

Kurz- und langfristige Zellproduktion des Immunsystems

Studien haben ergeben, dass selbst kurze Trainingseinheiten von 10 Minuten den Körper dazu anregen, bis zu 30 Minuten nach dem Training Immunzellen wie z. B. T-Zellen, die zur Bekämpfung von Krankheitserregern beitragen, zu produzieren. Auf lange Sicht scheint regelmäßiger Sport dein Immunsystem darauf zu „trainieren“, Keime besser zu erkennen und zu bekämpfen. 

Stressmanagement

Forscher haben eindeutige Indizien für einen Zusammenhang zwischen Stress und einer schwachen Immunabwehr gefunden. Menschen, die unter akutem und langfristigem Stress leiden, weisen höhere Konzentrationen von sogenannten Zytokinen, einem Protein, in ihrem Körper auf. Erfreulich ist jedoch, dass Dutzende von Studien herausgefunden haben, dass Menschen, die regelmäßig laufen, ein geringeres Stressniveau haben.

Vitamin D

Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung eines gesunden Immunsystems. Und eine der besten Quellen für Vitamin D ist die Natur. Unser Körper produziert von Natur aus Vitamin D, wenn wir dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Wenn du also an der frischen Luft läufst, hat dein Körper möglicherweise einen höheren Vitamin-D-Spiegel. 

Schwächen Langstreckenläufe das Immunsystem?

Seit vielen Jahren wird sowohl unter Wissenschaftlern als auch unter Trainern und Läufern die Frage diskutiert, ob das Laufen extremer Distanzen das Immunsystem vorübergehend schwächen könnte. 

Schon seit langem haben Experten und Läufer beobachtet, dass Menschen, die regelmäßig an Marathons und ähnlichen Langstreckenläufen teilnehmen, häufiger erkältet zu sein scheinen als andere. 

Eine bedeutende Studie aus dem Jahr 2007 ergab, dass das Immunsystem von Läufern in den Tagen nach einem Marathon geschwächt zu sein scheint. Bis zu 72 Stunden nach einem Langstreckenlauf sind mehrere wichtige Immunzellen in geringerer Zahl im Blut zu finden. Die Hypothese der Forscher lautet, dass sich dadurch ein „offenes Fenster“ für Krankheitserreger auftut, durch das sie in den Körper eindringen und Erkältungen und andere Krankheiten verursachen können, die sonst durch das Immunsystem möglicherweise früher abgefangen worden wären. 

Eine neuere Studie aus dem Jahr 2018 widerlegt jedoch diese Theorie des „offenen Fensters“. Die Forscher argumentierten, dass zwar die Konzentration der Immunzellen im Blut nach längerem Sport zu sinken scheint, diese jedoch nicht einfach verschwinden. Stattdessen bewegen sie sich in unsere peripheren Gewebe, wie z. B. unsere Schleimhäute, über die Krankheitserreger normalerweise in unseren Körper gelangen. Das deutet darauf hin, dass diese Immunzellen nach einem Langstreckenlauf in Wirklichkeit besonders auf der Hut sind – und nicht unterdrückt werden. 

Es könnte jedoch andere Erklärungen dafür geben, warum Marathonläufer häufiger erkältet sind:

  • Exposition: Menschen, die an Marathons und ähnlichen Rennen teilnehmen, laufen umringt von Tausenden von anderen Menschen, die alle schwer atmen. Das könnte ihr Risiko einer Virusinfektion erhöhen. Und wenn du oft mit dem Bus, dem Zug oder dem Flugzeug zu einem Marathon anreist, ist die Gefahr größer, dass du hustenden und niesenden Mitmenschen ausgesetzt bist. 

  • Schlechter Schlaf: Es kommt nicht selten vor, dass Teilnehmer vor und nach einem Marathon schlecht schlafen. Die Kombination aus Nervosität, Anspannung und Adrenalin kann das Einschlafen erschweren – doch guter Schlaf ist wichtig für ein starkes Immunsystem. 

  • Ernährung: Unser Immunsystem ist auf eine gute Ernährung angewiesen. Bei Langstreckenläufen verbrauchen wir jedoch viel mehr Energie als sonst. Dadurch kann es passieren, dass das Immunsystem nicht mehr mithalten kann.

Was heißt das nun konkret in Bezug auf das Laufen und das Immunsystem?

Die Wissenschaft ist sich ziemlich einig, dass moderate Bewegung wie Laufen dem Immunsystem förderlich ist. Selbst eine kurze, einmalige Joggingrunde kann schon helfen, aber die wirklichen Vorteile entstehen durch regelmäßiges, langfristiges Training. 

Und auch wenn einige Forscher vermuten, dass Langstreckenläufe das Immunsystem möglicherweise unterdrücken könnten, so wäre dies doch nur ein vorübergehendes Phänomen innerhalb von 72 Stunden nach dem Lauf. 

Wie die oben erwähnte finnische Studie zeigt, leben ehemalige Spitzensportler, von denen viele an Ausdauerwettbewerben wie Marathons teilgenommen haben, im Durchschnitt deutlich länger als andere Menschen. Das deutet darauf hin, dass die Teilnahme an Langstreckenläufen im Hinblick auf ein gesundes Immunsystem kein ernsthaftes Problem darstellt. 

Tipps für das Lauftraining und ein gesundes Immunsystem

Auch wenn die meisten Untersuchungen zeigen, dass Laufen dein Immunsystem stärkt, gibt es dennoch einige Dinge, die du tun kannst, um deinen Körper in Topform zu halten und das Risiko unerwünschter Erkältungen zu minimieren. 

Ruhe dich zwischen den Läufen aus

Dein Körper braucht zwischen den Läufen Zeit, sich auszuruhen, um kleine Schäden in deinen Muskeln, Sehnen und Bändern zu reparieren. Je nach deiner Laufroutine oder deinem Trainingsplan solltest du mindestens zwei oder drei Ruhetage pro Woche einlegen, an denen du wenig oder gar keinen Sport treibst. Dadurch kann sich dein Körper in Ruhe erholen und dein Immunsystem ist bestens gerüstet für alle Bedrohungen. 

Priorisiere deinen Schlaf

Unzureichender Schlaf kann zu einem schwachen Immunsystem führen. Auch wenn es bei jedem anders ist, solltest du versuchen, pro Nacht zwischen sieben und acht Stunden Schlaf zu bekommen. Achte dabei auf eine gute Schlafhygiene:

  • Schau im Bett nicht auf dein Handy. 

  • Gehe möglichst immer um die gleiche Zeit schlafen. 

  • Sorge dafür, dass dein Schlafzimmer ruhig, dunkel und entspannend ist. 

  • Trinke mindestens vier Stunden vor dem Schlafengehen keine aufputschenden Getränke wie Tee oder Kaffee mehr, vorzugsweise aber länger. 

  • Reduziere deinen Alkoholkonsum. 

Gehe Krankheitserregern aus dem Weg

Eine Erkältung lässt sich nicht immer vermeiden: So kann es passieren, dass du am Start eines Halbmarathons wartest und jemand neben dir niest. Trotzdem können einfache Hygienemaßnahmen das Risiko einer Ansteckung verringern. Wasche deine Hände regelmäßig mit Seife, reibe dir nicht die Augen und benutze keine Trinkbecher, Essbesteck oder Flaschen mit Menschen, die erkältet sind. 

Achte auf deine Ernährung

Eine nährstoffreiche, ausgewogene Ernährung ist wichtig für ein normal funktionierendes Immunsystem. Besonders wichtig ist sie aber, wenn du regelmäßig läufst oder an Ausdauerläufen teilnimmst. Experten empfehlen vor allem Läufern, eine wirksame Ernährungsstrategie zu verfolgen und mehr Kohlenhydrate und Gemüse zu sich zu nehmen. 

Halte dich warm

Wenn dir zu kalt ist, kann dein Immunsystem nicht mehr so gut auf Bedrohungen reagieren. Wenn du bei kühlerem Wetter trainierst, solltest du angemessene Kleidung tragen. Wähle spezielle Laufkleidung für kaltes Wetter, die gut isoliert und gleichzeitig die Luft zirkulieren lässt, damit dir nicht zu heiß wird. Im Regen trocken zu bleiben, verhindert auch, dass dir zu kalt wird. Eine wasserfeste Regenjacke ist dabei unabdingbar, und auch wasserfeste Schuhe können helfen, Unbehagen zu vermeiden. 

Sollte man bei Krankheit laufen?

Wenn du krank bist, arbeitet dein Immunsystem auf Hochtouren, um den Krankheitserreger zu bekämpfen, und braucht dafür reichlich Energie. Deshalb gilt grundsätzlich, dass du bei Krankheit am besten keinen Sport treibst. Beim Laufen verbrauchst du nämlich viel Energie und das könnte die Genesung verlangsamen. 

Trotzdem kann es durchaus sein, dass du auch mit einer Erkältung laufen kannst, wenn du den „Hals-Check“ gemacht hast. Wenn die Symptome nur im Hals oder oberhalb davon auftreten, kannst du normalerweise leichten Sport machen. Wenn sie jedoch unterhalb des Halses auftreten, solltest du dich im Bett ausruhen:

  • Oberhalb des Halses: Wenn du nur eine verstopfte oder laufende Nase oder Halsschmerzen hast, kannst du eine Runde laufen gehen.

  • Unterhalb des Halses: Wenn du jedoch ein enges Gefühl in der Brust, hohes Fieber oder Muskelschmerzen hast, solltest du im Bett bleiben und dich ausruhen. 

Noch mehr zum Thema:Tipps zum Laufen mit Erkältung

Bei anderen Erkrankungen – sei es ein Herzleiden, Krebs oder Bluthochdruck – holst du am besten ärztlichen Rat ein, bevor du joggen gehst. 

Sollte man bei einer Immunschwäche laufen?

Viele Menschen haben aufgrund verschiedener Erkrankungen ein geschwächtes Immunsystem. Wenn du ein geschwächtes Immunsystem hast, solltest du immer mit deinem Arzt sprechen, bevor du mit einem neuen Training beginnst. 

Trotzdem sollte das Laufen an sich für viele Menschen kein Problem darstellen, da es oft im Freien ausgeübt wird und auch alleine gemacht werden kann. Dadurch verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass du Krankheitserregern ausgesetzt wirst. Wenn du lieber auf einem Laufband in einem Fitnessstudio läufst, solltest du eine Gesichtsmaske tragen, zu möglichst ruhigen Zeiten hingehen und deine Hände nach dem Training desinfizieren. 

Stärkt Laufen nun also das Immunsystem?

Bei den meisten Menschen scheint Laufen tatsächlich das Immunsystem zu stärken. Und je öfter du läufst, desto größer scheinen die langfristigen Vorteile für die Abwehrkräfte deines Körpers zu sein. 

Es gibt zwar einige Hinweise darauf, dass Langstreckenläufe das Immunsystem vorübergehend schwächen können, aber andere Experten bestreiten diese Theorie. Die möglichen negativen Auswirkungen sind in jedem Fall kurzfristiger Natur. 

Und es kommt noch besser. Laufen stärkt nicht nur dein Immunsystem, sondern hat nachweislich noch viele andere Vorteile. Das Laufen verbessert nicht nur die geistige Gesundheit, sondern steigert auch die körperliche Fitness und ist somit für die meisten Menschen eindeutig von Vorteil. 

Du möchtest all diese Vorteile des Laufens selbst erleben, bist dir aber unsicher, wo du beginnen sollst? In unserer Einführung zum Laufen erfährst du alles über die ersten Schritte.